Sebastian Wojkowski
Back on track
Sebastian Wojkowski hat die Plattenteller wieder fest im Griff.
Mit der DJ-Karriere von Sebastian Wojkowski geht es jahrelang kontinuierlich bergauf, doch kurz nach einem seiner größten Höhepunkte wird er Vater und nimmt ganz bewusst den Fuß vom Gas. Keine leichte Entscheidung für einen Musikbesessenen, der sich jede einzelne Platte in seiner Sammlung hart erarbeitet hat. Nach ein paar Jahren Auszeit kommt Wojkowski nun zurück und sprüht vor Energie wie noch nie zuvor: Denn während der langen Pause erkennt er vor allem, für welchen Sound er wirklich brennt. Bis an die Zähne bewaffnet mit neuen Tracks nimmt er wieder allen Mut zusammen und startet ein zweites Mal als DJ und Produzent durch. Bahn frei, jetzt kommt der Papa und räumt den Laden auf!
„Die Auszeit als Vater war ein prägender Moment. Ich habe gelernt, dass ich meine Leidenschaft für die Musik niemals aufgeben darf, sondern sie noch intensiver ausleben sollte. Jetzt bin ich bereit und mein Sound ist es auch!“
Sebastian Wojkowski ist Teenager, als er auf MTV die elektronische Musik für sich entdeckt und er ist sofort schockverliebt. Wenig später kehrt er seiner polnischen Heimatstadt Gdynia den Rücken, wandert mit seiner Familie ins Saarland aus und schleicht sich im Alter von sechzehn Jahren zum ersten Mal in einen Technoclub. Während der Ausbildung jobbt er nebenher, um sich noch vor dem Führerschein die ersten 1210er zu kaufen und nächtelang mit Kopfhörern zu mixen.
Von der Ladentheke ans DJ-Pult
Kurz nach seinem achtzehnten Geburtstag zieht Wojkowski nach Saarbrücken und trägt jeden Samstag seine Lohntüte in den legendären Humpty Record Store von Tom und Hans, mit denen er bis heute befreundet ist. Hier beginnt er kurze Zeit später auch zu arbeiten und seine selbst aufgenommenen Mixtapes zu verkaufen.
Im Tronix, einem Club im nahegelegenen Völklingen, legt der Neunzehnjährige wenig später im Vorprogramm von bekannten Techno-DJs auf. Es ist eine turbulente Zeit, die seine stilistische Bandbreite und sein Gespür für die Dramaturgie einer Clubnacht prägt. Dann bekommt er das Angebot, aus seiner Leidenschaft einen Beruf zu machen: Bei Fine Audio / UCMG in Heidelberg bekommt er eine Stelle im Vertrieb angeboten und greift zu.
„Die ersten Jahre waren voller Euphorie und Entdeckungen. Es war nicht immer einfach, aber ich habe nie aufgehört, meinen Traum zu verfolgen. Ich wollte als DJ und Produzent durchstarten und meine Vision von elektronischer Musik mit der Welt teilen.“
In dieser Zeit macht Sebastian Wojkowski seine ersten Gehversuche mit Hardware wie dem Korg Chaos Pad und dem Roland R8 und schon ein Jahr später hält er seine erste eigene Platte in der Hand. Völlig euphorisiert stürzt er sich in das Thema Produktion und nimmt Skizzen wie am Fließband auf, aus denen aber vorerst keine fertigen Tracks werden. Auch deshalb, weil er schon bald den Humpty Records Flagship Store in Heidelberg übernimmt und weiterführt.
Clubtour statt Inventur
Doch der Traum vom eigenen Plattenladen entpuppt sich als zähes Geschäft, denn die elektronische Musikszene driftet immer weiter auseinander und die Konkurrenz durch Online-Shops für Vinyl wird krasser. Nach ein paar Jahren schließt er den Laden, setzt alles auf eine Karte und startet als DJ und Produzent voll durch.
Zusammen mit Falko Richtberg mietet er im Musikpark Mannheim einen Studioraum und vertieft sich in die Arbeit mit einem seit Jahren wachsenden Arsenal von analogen Geräten. Die Kollaboration trägt bald Früchte und bestärkt ihn in seinem Entschluss, sich voll auf die Musik zu konzentrieren. Nach einigen Releases auf kleinen Labels kommt der erste Deal mit Strictly Rhythm, kurze Zeit später stehen die beiden beim WMC in Miami auf der Bühne und können ihr Glück kaum fassen.
„Die Zeit mit Falko war unglaublich wertvoll für mich. Wir haben uns musikalisch perfekt ergänzt und gemeinsam neue Wege entdeckt.“
Doch als Richtberg überraschend seine Karriere beendet, ist Wojkowski plötzlich wieder auf sich allein gestellt: Im gemeinsamen Studio produziert er noch eine letzte Ladung Tracks, packt seine Sachen und fängt in Zürich neu an. Dort lernt er unter anderem Tom Novy kennen, auf dessen Label Nouveau Niveau / Kontor einige Releases folgen. Später gibt es mehrere Platten bei Ametist Records und regelmäßige Shows in internationalen Clubs wie dem Lio Ibiza.
Auszeit auf dem Höhepunkt
Im Jahr 2016 rückt die Familie in den Fokus und Wojkowski zieht den Stecker. Diesmal macht er seine Liebe zu Fahrrädern zum Beruf und veredelt seltene Vintage-Bikes. Das Equipment wird größtenteils verkauft, übrig bleibt ein minimalistisches Setup um ein paar Klassiker wie die 808, die 101 und den Virus TI.
Parallel zum Dasein als Familienvater entsteht aus der Reduktion auf das Wesentliche ein ganz neuer Sound, der jetzt viel bewusster und präziser den Kern von Wojkowskis musikalischer Vision in sich trägt. Back to the Roots: Zurück zu den Anfangsjahren, als elektronische Musik ohne digitalen Schnickschnack florierte. Zurück in sein Zimmer in der Wohnung der Eltern, wo er an den hart erarbeiteten 1210ern sein Handwerk lernte. Zurück in die Booth des Tronix, wo er als DJ mit der Crowd zu fliegen lernte.
„Die Entscheidung, den Fokus auf meine Familie zu legen, war eine der besten Entscheidungen meines Lebens. Es hat mich gelehrt, dass es wichtig ist, Balance zu finden und seine Leidenschaften in Einklang zu bringen. Es fühlt sich an, als wäre ich wieder zurück in meinen Anfängen, aber mit einem reiferen und bewussteren Ansatz für die Musik, die ich liebe.“
Kein Wunder, dass der Rückzug ins Privatleben nur eine Auszeit war. Heute ist Wojkowski zurück an den Plattentellern und hat seinen Stil als DJ und Produzent neu erfunden. Mit zeitlosen Sounds jenseits aller Trends gibt er Vollgas und ist bereit, richtig durchzustarten.
Sebastian Wojkowski
Als Produzent und DJ lässt Sebastian Wojkowski elektronische, hausgemachte, schnörkellose Musik wieder aufleben, die knochenharten Beats aus analogen Drum-Machines, die energiegeladenen Bass-Lines und die bewusst reduzierten Synthie-Klangkörper.